Liebe Abendzeitung,...
Ohne Zweifel haben wir uns an die Bilder gewöhnt, die wir jedes Jahr am Karfreitag live aus Rom in unsere Wohnzimmer übermittelt bekommen. Vor der eindrucksvollen und geschichtsträchtigen Kulisse des Colosseums betet der Papst den Kreuzweg. Viele Menschen und Gläubige begleiten ihn dabei. In diesem Jahr aber war es irgendwie anders. Der Heilige Vater mit dem schlichten Holzkreuz in der Hand war gedanklich und textlich verbunden mit den vielen verzweifelten Menschen im ca. 100 km entfernten L´Aquila, die seit dem schrecklichen Erdbeben inmitten der Trümmer ihrer ganzen Existenz leben müssen. Aus einem globalen Gebet wurde ein echter „Nachbarschaftsdienst“ der ganz besonderen Art und somit ein unüberbietbares Signal an alle Christen. Unser Platz im Leben soll ja ohnehin immer dort sein, wo die Not zu Hause ist, und wenn es nur darum geht, Nähe, Trost und Zuversicht zu spenden. Angesichts des ungeheuerlichen Kommentars eines Ministerpräsidenten Berlusconi, der die Zeltstädte der Obdachlosen doch glatt mit einem Campingurlaub verglich, war dies die einzig passende Reaktion. Nein, wer so verächtlich redet, hat wirklich noch nie in seinem Leben Not erleiden müssen, während es der Heilige Vater sehr sensibel verstand, menschliches Leid ernst zu nehmen. Auch auf solche Gesten kommt es an.